Behind The Scenes Japan Kulinarisches

Zu Gast beim Home Cooking Dinner in Hiroshima

Die Liebe zu einem Land geht eindeutig auch durch den Magen. Als Vegetarier habe ich es ja in manchen Reiseländern nicht ganz so leicht. Japan gehört leider auch dazu. Einen Sushi Kurs wollte ich machen (das geht ja auch in vegetarischer Variante) und wo wenn nicht in Japan wäre der beste Ort dafür. Aber wie das manchmal so ist, kommen 1000 andere Dinge dazwischen, man ist am Abend total k.o., weil man den gesamten Tag durch die Stadt gewandert ist, oder hat für den nächsten Vormittag schon ganz andere Pläne. So ist es mit dem Sushi Kurs in Tokyo und Kyoto leider nichts geworden.

In Hiroshima flatterte dann spontan eine E-Mail ins Postfach von unserem Airbnb Host. Ob wir nicht Lust auf ein Home Cooking Dinner hätten, ihre Freundin Akiko sei eine fantastische Köchin und möchte sich gerne ein kleines Business aufbauen, in dem Sie für Reisende typisch japanische Küche kocht. Na klar hatten wir Lust. Wir würden zwar nicht selber kochen, aber zumindest bekocht werden. Am nächsten Abend war der Termin. Akiko schrieb mit uns in Englisch, die Verständigung klappte super, eine Uhrzeit war gefunden, vegetarisch gar kein Problem.

Mit dem Taxi fuhren wir am Abend rund 15 min. von unserem Apartment zu Akikos Adresse. Was das Taxi fahren in Japan angeht, habe ich am Ende dieses Artikels noch kleine Tipps für Euch.

Etwas unsicher standen wir vor Akikos Haus. Japaner sind ja außerordentlich höfliche Menschen aber auch eher verschlossen, wenn es um ihr Privatleben geht. Umso mehr freute es uns, dass wir nun die Gelegenheit hatten mal ein Privathaus von innen zu sehen. Akiko öffnete uns mit einem breiten Lächeln die Haustür. Sie verbeugte sich leicht und bat uns herein. Und dann kamen sie wieder, diese Worte die wir schon so oft in Japan gehört hatten „Sorry, ich spreche kein Englisch!“. Und wieder standen wir da, verwundert und auch ein bisschen besorgt, was der Abend wohl noch so bringen würde, denn die Konversation via Email in Englisch zwischen uns und Akiko lief reibungslos. Wieso spricht sie jetzt auf einmal kein Englisch mehr?

Viele Japaner sprechen einfach kein Englisch oder nur sehr ungern, wenn sie es nicht perfekt können. Sie lernen es in der Schule, aber wenden es danach wohl kaum mehr an (eine Ausnahme bilden da vielleicht die großen Führungsetagen internationaler Konzerne). Außerdem ist der Hang zum Perfektionismus wohl in keiner Kultur so tief verankert wie in der japanischen. Schreiben hingegen scheint da weniger ein Problem zu sein, aber sprechen? Unmöglich. Da, wo andernorts Menschen überglücklich sind und Dir die drei Brocken Englisch, die sie können immer und immer wieder an den Kopf werfen, lassen es die Japaner lieber gleich.

Wir zogen die Schuhe aus und versuchten Akiko ein wenig zu ermutigen und sagten ihr immer wieder, dass sie doch so tolles Englisch geschrieben habe. Ganz nach japanischer Manier lächelte sie, verbeugte sich und bedankte sich für das Kompliment. Sie ging mit kurzen leichten Schritten vorweg und zeigte und erzählte uns ein wenig von ihrem Haus…auf Japanisch! Verstanden haben wir nichts, aber gelächelt haben wir trotzdem, wenn auch etwas verwundert.

Ratlos schlichen wir ihr ins Wohnzimmer hinterher. In der Mitte stand ein niedriger Holztisch auf dem Boden, an der einen Wand eine Couch, an der anderen eine Anrichte mit Gegenständen, die offensichtlich nicht aus Japan stammten, sondern eher Mitbringsel aus anderen Ländern waren.

Wir knieten uns auf den Boden und nach geschlagenen zwei Minuten wurden meine schlimmsten Befürchtungen der eingeschlafenen Beine wahr. Ich hatte Zuhause noch etwas geübt, aber beim besten Willen keine Position gefunden, die für mich bequem war.

Und plötzlich war es da, das Englisch! Akiko sah meinen leicht gequälten Blick „Du kannst Deine Beine zur Seite legen oder ausstreckten“ sagte sie mir in gebrochenem Englisch und versuchte ihre Aussage mit Handbewegungen zu unterstützen. Erleichtert streckten wir beide die Beine aus! Manchmal hilft es auch, wenn man sich ein Kissen zwischen Popo und Unterschenkel klemmt. Bei einer Teezeremonie in Himeji hat man mir sogar ein Saitsu (einen japanischen Bodenstuhl) angeboten. Damit war das Sitzen dann tatsächlich bequem.

Home Cooking Dinner Hiroshima

Akiko trippelte über den Wohnzimmer Teppich zur gefliesten Küche, schlüpfte in die dort bereit gestellten Schlappen und verschwand um kurz danach mit zwei kleinen Schälchen in den Händen wiederaufzutauchen. Bevor sie den Wohnzimmer Boden betrat, schlüpfte sie wieder aus ihren „Küchenschlappen“ heraus. Das wiederholte sie an diesem Abend unzählige Male. Dass die Japaner Schlappen für den Wohnbereich und solche für den Toiletten- und Badbereich des Hauses haben war uns klar. Dass es aber auch extra Schuhe für die Küche gibt, wussten wir bis dahin nicht. Der niedrige Tisch vor uns füllte sich nach und nach mit kleinen und großen Schälchen mit allen möglichen Leckereien. Ein wahrer Augen- und Gaumenschmaus. Allerfeinstes Rindfleisch, gebratener Lachs und unzählige vegetarische Leckereien. Verhungern würden wir heute Abend sicher nicht.

Wagyu Rind, Home Cooking Dinner Hiroshima

Home Cooking Dinner Hiroshima

Akiko erklärte uns, ihr Smartphone immer wie ein Sicherheitsanker in der Hand haltend, alle auf dem Tisch stehenden Speisen. Wusste sie etwas nicht, tippten ihre schlanken Finger schnell auf dem Display und der Übersetzungs-App herum. Wir alle tauten an diesem Abend nach und nach auf, lachten viel und unterhielten uns über Gott und die Welt, und das auch noch auf Englisch. Akikos Ehemann war zwar eigentlich auch zum Essen eingeplant, kam aber erst sehr spät von der Arbeit nach Hause. Als er das Wohnzimmer betrat, verbeugte er sich mehrmals, murmelte verstohlen etwas auf japanisch und verschwand für den Rest des Abends in der Küche und ward nicht wieder gesehen. „Er ist sehr schüchtern“ murmelte Akiko verstohlen mit abgesenktem Blick. Liebevoll packte sie einige Löffel von dieser und jener Speise auf einen Teller und verschwand kurz entschlossen, nicht ohne sich vorher wieder die Küchen-Schlappen anzuziehen, um ihrem Mann wenigsten etwas von dem leckeren Essen abzugeben.

Sie erzählte von ihren früheren Reisen, ihrem Heimatdorf und von ihren Jobs als Köchin in europäischen und japanischen Restaurants und das stets immer mit einem Lächeln im Gesicht.

An diesem Abend haben wir nicht nur exzellente japanische Küche kosten, sondern auch einen tollen Einblick in das japanische Privatleben bekommen können, und das ist, soweit ich mitbekommen habe, normalerweise eher schwierig.

Home Cooking Dinner Hiroshima

Wer auf seiner Japanreise Hiroshima besucht, dem kann ich ein Essen bei Akiko sehr ans Herz legen. Sie geht auf alle Wünsche ein und hat sogar auch schon vegan gekocht!

Das Home Cooking Dinner dauert ca. 2-3 Std. und kostet pro Person 5000 Yen.

Casa-Sora ist Akiko’s Homepage auf der sie ihren Home Cooking Service vorstellt. Wer sich von ihren tollen Food-Fotos überzeugen möchte, der findet sie auch bei Instagram und bei Facebook.

Kleiner Tipp zum Taxi fahren in Japan:

Habt Eure Adresse immer in japanischen Schriftzeichen dabei. Mit Adressen aus lateinischen Buchstaben können die Taxifahrer meist nichts anfangen, oder sie fahren gefühlte zwanzig Mal um den Block. Diese Erfahrung haben wir ausnahmslos in allen Städten gemacht. Zusätzlich hatten wir für uns dann immer google maps dabei um uns zur Not irgendwo in der Nähe unseres Zielortes absetzen zu lassen und den Rest zu Fuß zu laufen.

Ach ja, Englisch spricht leider kaum ein Taxifahrer!


Hast Du auch schon einmal so ein Home Cooking Dinner in einem fremden Land erlebt? Berichte mir doch davon in den Kommentaren.

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