„Wir reiten, reiten und jagen über die Sandwüste,
die Sonne geht unter am Arnafell.
Hier im Ungewissen gibt es manchen unheimlichen Geist,
der seine Schatten auf den Gletscher wirft.
Der Herr leite mein Pferdchen.
Schwer wird das letzte Stück meiner Fahrt.“
(Auszug aus dem alten Lied und ursprünglichen Gedicht von Grímur Thomsen „A Sprengisandi“)
Der Geländewagen poltert mit 70 km/h über die schroffe Steinpiste. Jedes Schlagloch hinterlässt einen dumpfen Schlag in meinen Gliedern. Auch wenn unsere Anspannung aus der Errungenschaft des Autos herrührt, können wir uns gut vorstellen, wie sich die Reiter vor ein paar hundert Jahren auf ihren stämmigen und schnellen Islandpferden gefühlt haben müssen, als sie versuchten so schnell wie möglich diese gottverlassene Einöde von Nord nach Süd und umgekehrt zu durchqueren.
Fast schon ein wenig wehmütig schaue ich aus dem Autofenster in diese berauschende Einsamkeit hinaus. Der Wind peitscht immer wieder dunklen Lavasand auf, der in kleinen Sandstürmen über die unendlich erscheinenden Weiten dieser Ödnis hinweg fegt.
Um sich in früheren Zeiten den langen Weg um die Insel herum zu sparen, nahm man lieber zu Pferde die Abkürzung durchs Hochland. Dies war aber auch die Gegend in die die gewalttätigen Geächteten flohen. Sie waren vogelfrei, jeder konnte sie töten. Sie flohen hierher um sich zu verstecken. Schafften sie es 20 Jahre lang in dieser unwirklichen Landschaft zu überleben, waren sie wieder freie Menschen.
Die Lavawüste „Odáðahraun“, die sogenannte Missetäterwüste, zeugt mit ihrem Namen von den Menschen die es so in die selbe Kategorie schafften wie Trolle, Elfen und Riesen und denen sogar die Grettis Saga gewidmet ist.
Die für mich Stadtmensch neue Dimension der Einöde und Abgeschiedenheit, die ich aus dem Autofenster betrachte, aus schwarz-grauer Lavawüste bis zum Horizont, die nur stellenweise unterbrochen wird von hellgrünem Moos, lässt wieder so ein Demutsempfinden gegenüber der Natur in mir aufsteigen.
Kein Baum ist zu sehen, eine zum Teil düstere Stimmung legt sich wie ein schwarzer Schleier über die Landschaft. An wenigen Stellen bricht die graue Ödnis auf, durch rote mit weißem Schnee bedeckte Rhyolithberge. Ein Farbenklecks im eintönigen Landschaftsgemälde. Und doch irgendwie wunderschön.
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